Ein bisschen Mut gehört auch dazu
Gründliche Planung für den Weg in die Selbstständigkeit in Krisenzeiten. Bericht zum Event „Unternehmerin werden in Krisenzeiten“ vom 16. Januar 2023.
Das Schlimmste kommt erst noch, lautete der pessimistische Wirtschaftsausblick des IWF im Oktober letzten Jahres. Und tatsächlich verbreiten die Krisen in der Welt derzeit alles andere als Optimismus und Zuversicht fürs neue Jahr. Deshalb stellten wir zum Jahresauftakt in einem Online-Austausch für Frauen die Frage „Unternehmerin werden in Krisenzeiten?“ Es kamen 15 gründungsinteressierte Frauen, um sich auszutauschen und zu informieren.
Inspiration geben und Mut machen für neue Pläne in 2023 wollten die beiden Unternehmrinnen Birgit Floss aus Schwerte und Inka Becher aus Hamm. Beide kamen mit einer Unternehmensgeschichte wie sie unterschiedlicher kaum sein kann. Doch beide kennen sich mit Krisen und Hürden des Unternehmerinnendaseins bestens aus und haben schon Einiges bewältigt.
Eine Nachfolgerin und eine Neugründerin berichten
Birgit Floss hat vor mehr als 20 Jahren eine Sparte des Unternehmens, in dem sie damals tätig war, als Unternehmensnachfolgerin herausgekauft. Wie ihr später klar war, viel zu teuer und das Gesamtunternehmen war zu der Zeit längst in einer Schieflage. Als kurz darauf die IT-Blase platzte, geriet ihr junges Unternehmen selbst gehörig ins Schlingern. Doch dank ihrer guten Vernetzung und einer klugen Spezialisierung hat sie damals ihre größte Krise als Unternehmerin bewältigt. „An Mut hat es mir nie gefehlt“, sagt sie: „geholfen haben mir vor allem meine guten Netzwerke.“ So ist sie noch heute mit ihrem Übersetzungsservice bmf text+ erfolgreich und schwört auf die Kraft des beruflichen Netzwerkens.
Inka Becher hat sich als Coach selbständig gemacht und erst vor einem Jahr, mitten in der Corona-Krise, gegründet. Sie hatte eine Vision und wollte dazu beitragen, dass die Werte von Unternehmen zu den Werten der Menschen passen, die dort arbeiten. Sie hat es trotz Pandemie geschafft, ihr Unternehmen Qualifikation Mensch zu etablieren und sich einen ersten Kundenstamm aufzubauen, indem sie sich früh auf Geschäftskunden spezialisierte, ihre Kontakte nutzte und sich beraten ließ.
Unterstützung und Inspiration durch die Expertinnen
Geholfen hat ihr in der Gründungsphase die Beratung von Martina Maul von IMPULS. Die Hammer Wirtschaftsagentur. Sie gibt Gründerinnen und Gründern die nötigen Tipps für eine solide Planung: „Ich habe in diesen Zeiten auch Menschen abgeraten, sich selbständig zu machen. Zum Beispiel einem Gastronomen, der gewaltige Energiekosten gehabt hätte. Man muss in diesen Zeiten schon genau schauen. Aber mit einer soliden Planung und einer guten Idee würde ich immer zuraten.“, sagt die Expertin für Neugründung aus Hamm.
Das Interessante an einer Neugründung ist, dass man seine Ideen verwirklichen kann. „Aber“, ergänzt Martina Maul: „man fängt komplett bei Null an. Das ist Fluch und Segen zugleich. Denn man muss durch diese Startphase kommen.“ Hier kommen die Vorzüge einer Übernahme ins Spiel. Julia Kramer vom Projekt „Die Nächste bitte!“ kennt viele erfolgreiche Übernahmen von Frauen. „Verwirklichen kann man sich mit einer Nachfolge auch. Zwar muss man zunächst einen Kaufpreis auf den Tisch legen. Dafür hat man aber einen Kundenstamm, Lieferanten, Geschäftsräume und vieles mehr und kann die Risiken im Vorfeld viel genauer kalkulieren.“ Um sich inspirieren zu lassen, empfiehlt sie einen Blick auf die rund 20 Beispiele von unterschiedlichsten Nachfolgerinnen und ihren Geschichten auf der Website des Projektes „Die Nächste bitte!“ . Erste Fragen beantwortet dort die wöchentliche Sprechstunde für Nachfolgerinnen.
Auch Simone Bergmann von der Industrie- und Handelskammer zu Dortmund rät Gründungsinteressierten, sich gut zu informieren und verweist auf das Schulungsangebot von Kammern und Startercentern. Bei so viel Input und Inspiration war die Stimmung gut und die positiven kraftvollen Stimmen überwogen. Das zeigte sich auch bei einer spontanen Umfrage zum Ende der Online-Veranstaltung. Etwa die Hälfte der Teilnehmerinnen kann sich gut vorstellen, in diesem Jahr noch ein Unternehmen zu gründen oder zu übernehmen. Denn Krisen bedeuten immer auch Wandel. Und wo sich etwas wandelt, ist auch Raum für Neues.