Auch als Selbständige die Zeit im Griff

Von Julia Kramer | Prospektiv GmbH

Der beruflichen Selbständigkeit eilt ein gewisser Ruf voraus: So sei man bzw. frau für alles zuständig und müsse rund um die Uhr den Kund*innen und gegebenenfalls Mitarbeitenden zur Verfügung stehen. Wie das Sprichwort so schön sagt: „Selbst und ständig“ eben. Mehr Arbeit und lange Arbeitszeiten gehören verlässlich zu den Punkten, die auf vielen Pro- und Contra-Listen als Nachteile der Selbständigkeit gelistet werden. Sollte man diesen Schritt also gar nicht erst gehen?

„Doch!“ sagt Unternehmensnachfolgerin Andrea Kaleske ganz entschieden. Sie hat nach Jahrzehnten der Führungstätigkeit in Großkonzernen 2021 eine Boutique in Bottrop übernommen und damit ein riesen Stück Zeitautonomie gewonnen, die sie zuvor nicht hatte. Sie betont: „Ich hätte mich schon viel eher selbständig machen sollen!“ Was also ist das Geheimnis, um auch als Selbständige die Zeit im Griff zu haben?

Als Selbständige die Zeit im Griff: Selbst- und Zeitmanagement

Die Autorin: Julia Kramer ist Sozialwissenschaftlerin (M.A.) und arbeitet seit mehr als 10 Jahren in Projekten mit Unternehmerinnen bei der Prospektiv GmbH in Dortmund.

Es ist unbestritten, dass gerade in der Vorgründungsphase mit der Erstellung eines Businessplans viel Arbeit wartet. Ebenso zu Beginn der Selbständigkeit, wenn man beispielsweise einen Laden einrichten und sich mit vielen neuen Themen auseinandersetzen muss. Oder bei einer strategischen Neuausrichtung wie der Umstellung auf ein Online-Business. Da werden auch schon mal Nachtschichten eingelegt. Damit dies jedoch nicht zum Dauerzustand wird und auch noch Zeit für ein Leben jenseits des Unternehmertums ist, empfiehlt es sich, einige grundlegende Strategien zu beherzigen. So muss zum Beispiel nicht immer alles perfekt sein, weiß auch Elke Nagel von der Bochum Wirtschaftsentwicklung aus über 30jähriger Gründungsberatung.

Organisation ist alles!

Ist Organisation alles?

Es mag nahe liegen, dass man bei der Frage nach einer guten Zeiteinteilung an Struktur, Planung, Effizienz und Disziplin denkt. Und ja, all dies schadet gewiss nicht. Auch Unternehmerinnen wie Andrea Kaleske arbeiten mit Tages-, Wochen- und Monatsplänen. Solche strukturierten To-Do-Listen halten den Kopf frei. Aber „falls etwas nicht klappt, verschieb‘ ich es“ sagt sie mit einer überzeugenden Leichtigkeit. Nutzen Sie als Selbständige Ihr Privileg, weitestgehend über Ihre Zeit selbst bestimmen zu können, nehmen Sie sich Freiräume und grenzen Sie sich ab!

Wer sich bei empfundener Zeitnot jedoch zuerst an den mannigfaltigen Methoden des Zeitmanagements wie beispielsweise der ALPEN-Methode versucht, der „zäumt das Pferd von hinten auf“, um bei den Sprichwörtern zu bleiben. Denn wer Zeitnot verspürt, verwendet entweder zu wenig Zeit für die Dinge, die erledigt werden müssen, oder für die Dinge, die getan werden wollen. Beides führt zu Unzufriedenheit.

Also alles eine Frage der richtigen Prioritäten?

Nicht nur. Falls auch Sie hin und wieder Zeitnot verspüren, ist das durchaus normal. Wenn es Ihnen jedoch ständig so ergeht, sollten Sie sich Folgendes fragen: Womit verbringe ich eigentlich meine Zeit und warum gehören diese Dinge in keine der beiden zuvor genannten Kategorien „must do“ oder „want to“? Durch die Beantwortung dieser Fragen kommen Sie Zeitdieben und Ihren inneren Antreibern auf die Spur.

Vom Selbst- zum Zeitmanagement

Wichtig ist zu verstehen, dass Zeitmanagement als Strategie nur nachgelagert funktionieren kann. Zeitmanagement ist ohne Selbstmanagement ziemlich sinnlos. Es ist Teil des umfassenderen Selbstmanagements. Dabei geht es nicht um ständige Selbstoptimierung, sondern vielmehr darum, mit der zur Verfügung stehenden Zeit sinnvoller umzugehen.

Um Ihre Zeit also – aus Ihrer subjektiven Sicht – sinnvoll und zielgerichtet verbringen zu können, brauchen Sie genau das: Ziele! Stellen Sie sich auf Ihrem Weg in die Selbständigkeit die Frage nach dem Wohin? Was ist mein Ziel? Wichtig dabei: Ergänzen Sie diese beruflichen Ziele um Ihre privaten!

Im nächsten Schritt brechen Sie Ihre Ziele in Teilziele runter. So lange, bis Sie auf einer operativen Arbeitsebene angekommen sind. Die Visualisierung der Ziele hilft dabei, diese bei den nächsten Schritten nicht aus dem Auge zu verlieren und schafft schlussendlich Motivation bei der Erledigung von Aufgaben.
Erst nachdem Sie Ihre Ziele für sich geklärt haben, beantworten Sie die Frage nach dem Was? Was ist zu tun? Nur so können Sie Ihre relevanten Aufgaben ausmachen und Prioritäten setzen. Erfahrungsgemäß betrachten mindestens drei von vier Unternehmerinnen diesen Schritt als Schlüsselelement für ihr Zeitmanagement, jedoch hat durchschnittlich eine von ihnen Schwierigkeiten damit (Quelle: eigene Umfrage).

Sollte auch Ihnen das Priorisieren schwerfallen, versuchen Sie es doch mal mit der Eisenhower-Matrix. Bei dieser Methode werden Aufgaben in einer Vier-Felder-Matrix nach wichtig und unwichtig sowie dringend und nicht dringend unterteilt. Aufgaben mit den Merkmalen wichtig und dringend erhalten dabei immer oberste Priorität.

Und schließlich können Sie dann auch die Frage nach dem Wann? klären und damit die konkrete Zeitplanung angehen.

Selbstverständlich entwickeln sich Menschen und unternehmerische Vorstellungen und Vorhaben weiter – Sie entwickeln sich weiter. Also betrachten Sie die Strategien, Methoden und Tipps als Ihre ständigen Begleiter, auf die Sie flexibel aber regelmäßig zurückgreifen. Denn als Selbständige geben Sie den Takt an!

Fachartikel „Selbst und ständig“ als PDF zum Download »

Videolink Tutorial 6 „Als Selbständige die Zeit im Griff“ bei YouTube: https://youtu.be/py7ta5fgP5Y

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