Nachfolgen ist einfacher als Gründen

Hörakustikerin Stephanie Labus ist sowohl Neugründerin als auch Nachfolgerin

Nachfolgerin Toni Petschulat

Best Practice Nachfolgerin Stephanie Labus hat in Dortmund zwei Fachgeschäfte für Hörakustik gegründet und eins als Nachfolgerin übernommen | Foto: Beate Fleck

Wer sich selbständig machen will, der gründet ein Unternehmen. So einfach ist das – denken die meisten Menschen. Dass frau aber auch ein bestehendes Unternehmen übernehmen kann, haben die wenigsten auf dem Plan.

Auch Stephanie Labus dachte so. Als Hörakustikmeisterin war ihr früh klar, dass ihr Weg in die Selbständigkeit führen sollte. Und so gründete sie vor vier Jahren ihr erstes Fachgeschäft für Hörakustik in Dortmund-Brackel, schon ein Jahr später folgte das nächste Geschäft im Dortmunder Stadtteil Schüren.

Best Practice Nachfolgerin

Unternehmen       Hörsystem Mengede
Nachfolgerin         Stephanie Labus
Branche                 Fachgeschäft Hörakustik
Übernahme           2022
Beschäftigte          2

www.hoersysteme-mengede.de

Dass sie aber nicht nur gründen kann, bewies die engagierte Unternehmerin dann, als sie die Nachfolge eines bestehenden Unternehmens antrat: „Ich habe nicht danach gesucht, das Geschäft hat mich gefunden“, sagt sie heute dazu: „Ich wurde angesprochen und gefragt, ob ich dieses Geschäft übernehmen möchte, weil die Besitzer weggezogen sind. Ich habe dann gedacht: ‚Warum nicht? Mal was anderes‘.“

Beim ersten Mal selbstständig machen war es alles sehr emotionsgeladen. Es waren viele Ängste dabei. Schaffe ich es? Funktioniert es wirklich? Kommt jemand? Danach war es anders, da war es eher sachlich. Es war viel mehr von Zahlen bestimmt und von Fakten als von diesen Gefühlen am Anfang.“ Stephanie Labus

Doch ganz so locker wie das heute klingt, fiel die Entscheidung nicht. Als Inhaberin von zwei Geschäften wusste Stephanie Labus schon sehr genau, wie ein Fachgeschäft für Hörakustik funktionieren soll. Offene Fragen gab es dennoch: „Ich hatte überhaupt keine Ahnung, wie man ein Unternehmen bewertet und wie ein Kaufpreis zustande kommt, der gerechtfertigt ist. Also habe ich mir Hilfe bei unserer Einkaufsgemeinschaft gesucht. Das hat mir tatsächlich sehr geholfen, um das Unternehmen zu bewerten und auch in die Zukunft zu blicken. Was ist an dem Standort möglich?“

Vom Standort bis zum Umsatz – alles musste unter die Lupe

Es folgte eine gründliche Analyse, um herauszufinden, ob sich das Geschäft lohnt und wie sich die Zahlen dort in Zukunft entwickeln können. Drei Monate dauerte dieser Entscheidungsprozess. Man kann bei einem bestehenden Unternehmen problemlos die bisherige Umsatzzahlen ablesen, für Zukunftsprognosen musste die Hörakustikmeisterin auch die Konkurrenzsituation und die Kaufkraft in dem Stadtteil unter die Lupe nehmen: „Meine Überlegung war, wenn ich das jetzt kaufe, dann möchte ich natürlich auch die Umsatzzahlen steigern. Es war ein relativ kleines Geschäft und wenn ich dort Angestellte einsetze, dann müssen die ja bezahlt werden und trotzdem möchte ich irgendwann was davon haben.“

Das Ergebnis der Analysen stimmte sie zuversichtlich und auch einen Kredit bei der Bank bekam sie problemlos. Die Banken sahen fundierte Zahlen und wussten, dass Stephanie Labus erfolgreich ein Unternehmen führen konnte. Zusätzlich dienten die anderen Geschäfte als Sicherheit, so verlief auch die Finanzierung viel einfacher und schneller als bei den ersten beiden Geschäftsgründungen.

Den Hauptunterschied zwischen Gründung und Übernahme sieht die Geschäftsfrau darin, dass man bei der Neugründung tatsächlich bei Null beginnt: „Bei meiner ersten Eröffnung, habe ich ja auch viel Geld investiert und es blieb eine Überraschung, ob überhaupt irgendjemand diesen Laden betritt. Das war die größte Angst damals. Kommt denn auch wirklich irgendjemand? Das ist bei der Nachfolge besser, weil ich wusste, es existiert ein Kundenstamm, der kommt ja automatisch. Und in der Regel versucht man es ja noch besser zu machen. Das heißt, es kann also nur besser werden. Das Gefühl war schon angenehmer.“ Und tatsächlich hat sie all ihre Prognosen nach einem Jahr weit übertroffen: „Es läuft wirklich gut“, resümiert Labus zufrieden und ein wenig stolz.

Nachfolge hat die Nase vorn

Auch wenn sie bewiesen hat, dass sie beides kann. Würde Stephanie Labus heute vor der Wahl stehen, ein weiteres Unternehmen zu gründen oder wieder eins zu übernehmen, muss sie nicht lange überlegen: „Dann würde ich wahrscheinlich eher ein Geschäft übernehmen. Die Übernahme war das Einfachere, aber auch die kostspieligere Variante. Etwas zu kaufen ist zunächst teurer als etwas ganz Neues zu gründen, aber auch sicherer.“

Die größte Angst damals in die Selbstständigkeit zu starten war für mich, dass ich Familie und Beruf nicht unter einen Hut bekomme, dass irgendwas zu kurz kommt. Im Endeffekt ist es aber genau umgekehrt. Ich arbeite die gleiche Zeit, kann mir meine Zeit aber viel flexibler einteilen. Für mich hat es nur Vorteile gebracht.“ Stephanie Labus

Ihre drei Geschäfte profitieren nun in erster Linie durch Synergieeffekte beim Einkauf. In ihrem Berufsalltag dagegen ist das meiste beim Alten geblieben. Sie bedient ihre Kunden*innen, passt Hörgeräte an und verkauft sie samt Zubehör. Daneben heißt es natürlich noch, Buchhaltung und Papierkram erledigen. Doch davon nimmt sie einiges mit nach Hause. So bleibt der zweifachen Mutter genug Zeit, das zu tun, was sie am liebsten macht.

Denn als Pädakustikerin hat sie sich auf Kinder spezialisiert: „Das ist meine Leidenschaft. Ich mache hier alles gerne, aber die kleinen Kinder zu versorgen, das ist das, was mir wirklich am Herzen liegt. Es bringt so viel Freude. Wenn ein Kind zum ersten Mal ein Hörgerät bekommt, dann freut es sich über all die Geräusche. Das sind natürlich besondere Momente, gerade wenn es bei Babys zum ersten Mal ist. Das sind so meine Highlights des Alltags.“

Beim guten Hören ist es fast so, wie wenn man Unternehmerin wird. Das hat Stefanie Labus in ihrem Berufsleben herausgefunden. Beim ersten Mal ist es noch richtig aufregend und später gewöhnt man sich daran und erntet die Erfolge.