Nach zwei Wochen aus der Küche geflogen

Katja Kortmann und ihr Weg in die Familiennachfachfolge

Nachfolgerin Toni Petschulat

Katja Kortmann wurde 2020 Hoteldirektorin im Hotel Esplanade Dortmund. Damit folgte sie einer Familientradition, die im 1889 begann.

Die älteste Mitarbeiterin des Hotels kennt Katja Kortmann seit dem fünften Lebensjahr und betont immer wieder gerne, was für ein süßes Kind Katja doch war, damals mit ihrer großen Brille, mit ihrem abgeklebten Auge. Dementsprechend liebevoll und fast mütterlich ist das Verhältnis. Allerdings ist Katja Kortmann heute 39 Jahre alt, Hoteldirektorin und Chefin des Hotel Esplanade in Dortmund.

Seit 1889 gibt es das Unternehmen Kortmann, seit 1961 als Hotel, seit 2020 mit Hoteldirektorin Katja Kortmann: „Man wird da reingeboren und wächst mit all den Themen und den Sorgen auf. So lernt man natürlich schon sehr früh sehr viel und hat dadurch sicherlich einen Vorteil anderen gegenüber, weil man dieses Wissen schon mit der Muttermilch eingezogen hat.“

Best Practice Nachfolgerin

Unternehmen    Hotel Esplanade Dortmund
Nachfolgerin      Katja Kortmann
Branche              Hotellerie
Gründung           1889
Übernahme        2020 als Direktorin
Beschäftigte      41

www.esplanade-dortmund.de

Alles im Fluss?! Unternehmensnachfolge in der Familie

Und obwohl Katja Kortmann mehr oder weniger im väterlichen Unternehmen groß geworden ist, fiel ihr Entschluss, in die familiären Fußstapfen zu treten und ins Hotel einzusteigen erst Jahre später, nachdem sie eine Zeit in Australien lebte und dort studierte. Die ersten Schritte auf ihrem Weg an die Unternehmensspitze waren dann auch alles andere als komfortabel, denn zunächst musste sie alle Stufen im Hotel durchlaufen: „Dann habe ich hier auch wirklich erst mal sechs, sieben Monate im Housekeeping gearbeitet, habe ganz normal wie jeder andere die Zimmer geputzt und danach ging es ein Jahr in den Servicebereich. Aus der Küche bin ich nach zwei Wochen rausgeschmissen worden, es hatte für beide Seiten keinen Zweck. Anschließend kam der Tagesbereich und danach habe ich ein paar Jahre an der Rezeption gearbeitet und habe meinem Vater assistiert.“

Im Jahr 2020 fand dann die feierliche Übergabe des Staffelstabes an die Tochter statt. Heute ist Katja Kortmann angestellte Hoteldirektorin und Geschäftsführerin, erst im Todesfall wird der Besitz auch in ihre Hände übergehen. Was wie der logische Lauf eines Familienunternehmens klingt, läuft im realen Leben natürlich selten ganz so glatt. Denn die engen Familienbande können auch zu Fallstricken werden: „In einem Familienbetrieb ist es teilweise schwieriger, weil man da ja auch eine emotionale Bindung hat und sich sicherlich schlechter abgrenzen kann. Wenn mein Vater mit mir geredet hat, ist er damals mein Chef gewesen, aber auch mein Vater. Das zu separieren, ist eine wahnsinnige Herausforderung und deswegen scheitern sehr, sehr viele Familiennachfolgen.“

Hinzu kommen die Erwartungen und Sorgen der Beschäftigten, die die künftige Chefin oft schon als niedliches Kleinkind oder als rebellischen Teenager kannten. Denn wie jede Nachfolge wirft auch der Übergang vom Vater auf die Tochter bei Beschäftigten Fragen und Ängste auf. Das hat auch Katja Kortmann erlebt: „Was kommt jetzt auf uns zu? Was will die hier machen? Will die hier alles umkrempeln? Von diesen Ängsten habe ich so erst im Nachgang ein paar Jahre später erfahren.“

Die Kraft der Externen: alte Strukturen aufbrechen und neue Impulse setzen

Inzwischen haben sich die Wogen der Unruhe geglättet, hat Katja Kortmann ihren Stil gefunden. Auf dem Weg dahin hat sie zwar von ihren Erfahrungen profitiert, musste aber auch viele Erwartungen, die ihre Familiengeschichte mit sich brachten, abstreifen. Das müssen externe Nachfolgerinnen nicht.

„Wenn ich extern in ein Unternehmen komme, bin ich wie ein leeres Blatt Papier. Ich kann alles so umgestalten, wie ich möchte und keiner hat mich schon in eine Schublade gesteckt. Dadurch habe ich einen viel größeren Spielraum. Positiv ist es auch, dass man eine andere Sichtweite auf bestimmte Dinge hat, wenn man eben nicht in dieser Familie oder in diesem Unternehmen aufgewachsen ist. Das ist sehr gut für ein Unternehmen, weil es dadurch einen ganz anderen Input gibt und man vielleicht alte Strukturen aufbricht.“ Katja Kortmann

Damit sie selbst nicht zu sehr im familiären Fahrwasser des Unternehmens schwimmt, hat Katja Kortmann vor ihrer Übernahme viele Praktika gemacht und in anderen Unternehmen gearbeitet: „Eine Herausforderung ist eine Nachfolge sowieso immer, weil da ja ein Vorgänger war, der es anders gemacht hat. Da treffen viele verschiedene Sichtweisen aufeinander: ein anderer Führungsstil, ein anderer Blick auf Technik, Instandhaltung, Lebensweisen, Design, Sprache oder Kleidung. Und die Zeit tickt auch einfach weiter und durch die Digitalisierung, verändert sich vieles noch schneller als von vor 10 oder 20 Jahren. Und das gibt Reibung.“ Und so laufen Nachfolgen innerhalb einer Familie keineswegs so nahtlos, wie es von außen vielleicht scheinen mag.

Wir brauchen mehr Frauen

Doch bei allen Herausforderungen dominiert bei Katja Kortmann – genau wir bei externen Unternehmensnachfolgerinnen – die immense Freude an der Freiheit zu gestalten, die eine Nachfolge mit sich bringt: „Es macht natürlich auch super viel Spaß, weil man selber entscheiden kann und selber sieht, was man geschaffen hat. Wenn ich Angestellte bin, dann habe ich nie diese Freiheit. Deswegen könnte ich mir nichts anderes vorstellen, weil das eine Freiheit ist, die ich mir nicht nehmen lassen möchte.“

Für den Austausch und Impulse auf Augenhöhe ist Katja Kortmann in vielen Netzwerken aktiv und hegt einen großen Wunsch für die nahe Zukunft. Sie wünscht sich dringend mehr Frauen in der Nachfolge und in Führungspositionen: „Und da kann ich nur an alle Frauen appellieren: Deutschland braucht die Diversität, da sind wir noch lange nicht. Und Verantwortung macht Spaß. Führen macht Spaß. Und daher braucht das Land mehr weibliche Führungskräfte. Bitte!“

Gerne, liebe Katja, das machen wir! ;-)