Schatz, ich habe heute ein Unternehmen gekauft!

Die Markenstickerei veredelt Bekleidung und Accessoires.

Nachfolgerin Toni Petschulat

Katharina Hovestadt | Markenstickerei Münster | Foto: privat

Es gibt sie, diese Momente, die eine ganze Berufskarriere entscheiden, so wie bei der Liebe auf den ersten Blick. Bei Katharina Hovestadt kam dieser Moment völlig überraschend. Eigentlich wollte sie mit ihrem Chef Marcel Voss, bei dem sie nach der Elternteilzeit in einem Minijob arbeitete, über eine Festanstellung sprechen. Dabei stellte sich heraus, dass er das Textilveredlungsunternehmen in Münster aufgeben wollte, um den Familienbetrieb seiner Eltern weiter zu führen.

Best Practice Nachfolgerin

Unternehmen          Markenstickerei
Nachfolgerin            Katharina Hovestadt
Branche                    Textilveredelung
Ort                             Münster
Übernahme              2020
Beschäftigte             1

www.markenstickerei.de

Um die traurige Atmosphäre aufzulockern, fragte der Chef sie eher spaßeshalber: „Oder willst du das Ganze weiterführen?“ Katharina Hovestadt ist eigentlich ein Mensch, der zwei bis drei Nächte über wichtige Fragen nachdenkt. Aber in dem Moment hat sie sofort ‚Ja!‘ gesagt, fuhr nach Hause und erzählte ihrem erstaunten Gatten: „Schatz, ich habe heute ein Unternehmen gekauft!“

Dabei hatte Katharina Hovestadt nie geplant, sich selbständig zu machen. Doch manchmal kommt es eben anders und manchmal auch sehr schnell. Und zwar dann, wenn man sich einer Sache sehr sicher ist. Sehr sicher war sich Katharina Hovestadt in ihrem Berufswunsch. Sie wollte schon immer etwas mit Mode und Stoffen machen. So begann sie nach dem Abitur eine Schneiderlehre, bevor sie Bekleidungstechnik in Mönchengladbach studierte. Es folgten verschiedene berufliche Stationen vom Einkauf bis hin zur Qualitätssicherung.

Dann bekam sie zwei Kinder und legte eine zweieinhalbjährige Familienpause ein. Doch die Sehnsucht, sich in ihrem Beruf auszuleben, blieb groß. So begann sie in ihrer zweiten Elternzeit den Minijob in dem kleinen Unternehmen für Textilveredelung. Hier werden Textilien für Firmen, Sportvereine und kleine Modelabel bestickt oder bedruckt. Katharina Hovestadt war vom Aussuchen der Materialien bis zur Übergabe an den Kunden dabei. So kannte sie alle Abläufe und den Betrieb, dessen spontane und überraschende Übernahme die wohl wichtigste Entscheidung in ihrem Berufsleben war.

Viel Hilfe bei der Handwerkskammer

Der spontanen Zusage folgte die nachträgliche Vorbereitung. Bei der Handwerkskammer besuchte die angehende Unternehmerin ein Gründungsseminar und setzte sich mit grundlegenden Fragen der Selbständigkeit auseinander. Auch die Rechtsform war ein Thema und es wurde schnell deutlich, dass es nicht sinnvoll ist, die bestehende GmbH zu übernehmen. In einem persönlichen Termin mit der Handwerkskammer Münster lernte sie die Gründungsberaterin Sonja Trispel kennen, die sie nun intensiv beim Erstellen des Businessplans und bei den Übergabeverhandlungen begleitete und unterstütze.

„Das große Thema war der Preis“, sagt Katharina Hovestadt und erläutert: „Derjenige, der übergibt, sieht natürlich die ganze Arbeit, die da rein geflossen ist. Die Nachfolgerin, sieht das, was für sie realisierbar ist.“ So musste sie mit ihrem Vorgänger, den sie sehr schätzte, in Verhandlungen treten.

Gutes Bauchgefühl

Im Nachhinein war dies eine der größten Herausforderungen auf dem Weg zur eigenen Firma. Katharina Hovestadt einigte sich mit ihrem Ex-Chef darauf, dass sie ihm den Maschinenpark abkaufte. Beim Kundenstamm ist das Risiko verteilt, da ihr Vorgänger noch fünf Jahre lang bei allen Aufträgen durch die Bestandskunden eine Gewinnbeteiligung erhält. Nach Ende der Verhandlungen hat sie selbst unter dem Label „Markenstickerei“ am gleichen Standort eine formal neue Firma gegründet.

„Das war ein langer Prozess mit vielen schlaflosen Nächten, in denen man sich fragt, ob man das wirklich machen soll. Ist es das alles wert? Aber ich hatte von Anfang an das richtige Bauchgefühl. Dann ging es nur noch darum eine Lösung zu finden, mit der alle gut fahren.“

Die größte Überraschung? Alles lief nach Plan!

Unterstützung fand sie durch ihren Mann, einem Medienprofi, der sein Geld als Grafiker und Markendesigner verdient. Auch die Familie rührte die Werbetrommel für sie. Die größte Unterstützung erfuhr Katharina Hovestadt durch die Handwerkskammer: „Dort fühlte ich mich sofort gut aufgehoben, was meine Idee und die Unterstützung im Formulardschungel anging. Das hat extrem geholfen.“

„Ich habe noch nicht einen Tag bereut! Ich arbeite stundenmäßig mehr als vorher, aber es fühlt sich nicht mehr nach Arbeit an. Es macht Spaß!“
Katharina Hovestadt

Mit ihrem textilen Hintergrund führt sie die Markenstickerei nun erfolgreich weiter. Resümierend sagt die Neu-Unternehmerin: „Eigentlich lief alles nach Plan. Das hätte ich nicht erwartet. Mir persönlich ging zwar alles viel zu langsam. Aber da hat die Beraterin der Handwerkskammer viel Stress rausgenommen. So eine Übergabe dauert eben!“

Neben Geduld gibt Katharina Hovestadt anderen Nachfolgerinnen drei Tipps mit auf den Weg. Erstens: sich eine Stelle wie die Handwerkskammer suchen, die unterstützen kann. Zweitens: Einen Businessplan schreiben. So kann man sich strukturiert mit dem Vorhaben auseinandersetzen und Lücken entdecken. Und drittens ganz wichtig: Ein gutes Bauchgefühl!