Frauen begeistern sich für Unternehmensnachfolge

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Netzwerken beim Event "Unternehmen sucht Frau" auf Schloss Berge in Gelsenkirchen.

Austausch, Inspiration und Praxistipps sind gefragt

Den Gedanken, sich eines Tages selbständig zu machen, tragen viele Menschen in sich. Mal latent, wenn man des eigenen Jobs überdrüssig ist. Mal sehr konkret, weil man eine tolle Idee hat. Oder grundsätzlich, weil man die Fäden seines Lebens am liebsten selbst in der Hand hält.

Auch wenn die Gründungszahlen insgesamt eher stagnieren und qualifizierte Kräfte relativ leicht gute Jobs finden, bleibt Selbständigkeit für viele Frauen offenbar eine attraktive Option. Das wurde im Juni beim Event „Unternehmen sucht Frau“ zum Nationalen Aktionstag zur Unternehmensnachfolge durch Frauen deutlich, bei dem gründungsinteressierte Frauen aus der gesamten Ruhrregion auf Schloss Berge zusammenkamen.

Vom Suchen und Finden

Sie alle verbindet die Suche nach beruflicher Inspiration. Viele können sich durchaus vorstellen, ein Unternehmen zu übernehmen. Bei dem Event sollten sie erfahren, wie es geht und wichtige Netzwerkkontakte knüpfen. Denn viele derer, die ein kleines und mittleres Unternehmen besitzen, erreichen schon bald das Rentenalter. In den kommenden drei Jahren streben rund eine halbe Million mittelständische Unternehmen in Deutschland eine Nachfolge an. Im Raum Dortmund sind nach Erhebungen der IHK rund 40 Prozent der Inhabenden 55 Jahre und älter. In unseren Städten droht dadurch wertvolle lokale Infrastruktur verlorenzugehen. Denn Menschen, die ein Unternehmen übernehmen möchten, sind derzeit rar.

Nachfolgebörse beim Event "Unternehmen sucht Frau" auf Schloss Berge in Gelsenkirchen | Foto Frederik Mordhorst

Nachfolgebörse beim Event „Unternehmen sucht Frau“ auf Schloss Berge in Gelsenkirchen | Foto Frederik Mordhorst

So rar, dass ein Unternehmer sogar mehr als hundert Kilometer zu dem Event anreiste, um sein Unternehmen zu präsentieren, um so möglicherweise eine Nachfolgerin zu finden. Denn, und auch das ist eine überraschende Erkenntnis des Events, die gängigen Nachfolgebörse, wie nexxt Change, sind bei den Gründungsinteressierten weitgehend unbekannt.

Michael Meese von der IHK Nordrhein beim Event "Unternehmen sucht Frau" auf Schloss Berge in Gelsenkirchen | Foto Frederik Mordhorst

Michael Meese von der IHK Nordrhein beim Event „Unternehmen sucht Frau“ auf Schloss Berge in Gelsenkirchen | Foto Frederik Mordhorst

Deshalb brachten die Veranstalterinnen Anzeigen aus der Onlinebörse auf Papier und präsentieren so unzählige Unternehmen, die zum Verkauf stehen. Das kam gut an. Denn die Besucherinnen zückten reihenweise Stifte und Smartphones und kopierten sich Unternehmensdaten für ihre Recherche. Börsen sind ein Weg, um ein geeignetes Unternehmen zu finden, im Laufe der Veranstaltung wurden weitere Wege vorgestellt.

Michael Meese von der IHK Nordrhein schildert mehrere Beispiele, bei denen klassisches „Klinkenputzen“ erfolgreich war: „Wenn Sie ein Unternehmen kennen, das Sie interessiert, dann klopfen Sie einfach mal an und fragen nach. Es dürfte jeden Unternehmer und jede Unternehmerin freuen, wenn Sie sich für das Unternehmen interessieren.“

Nachfolge macht glücklich!

Eine Erfahrung, die Nachfolgerin Andrea Kaleske bestätigen kann. Sie hatte lange Jahre eine Führungsposition einer internationalen Einzelhandelskette inne und tingelte mit ihren Jobs durch ganz Deutschland. Nach vielen Jahren des Reisens wollte sie ihre Zelte endlich wieder ganz in ihrer Heimat aufschlagen: „Als ich am Wochenende dann zum Shoppen in meiner Lieblingsboutique in Bottrop war, kam ich mit der Inhaberin ins Gespräch. Als diese sagte, dass sie das Geschäft zum Jahresende aufgeben wollte, klingelte es bei mir.“ Tagelang ließ sie der Gedanke nicht los und so zog es sie wenige Tage später wieder in den kleinen Modeladen. Altinhaberin Jutta Hollek war begeistert und so wurde die Unternehmensnachfolge zur Freude beider schnell in trockene Tücher gebracht.

Nachfolgerin Andrea Kaleske und Übergeberin Jutta Hollek aus Bottrop beim Event "Unternehmen sucht Frau" | Foto Frederik Mordhorst

Nachfolgerin Andrea Kaleske und Übergeberin Jutta Hollek aus Bottrop beim Event „Unternehmen sucht Frau“ | Foto Frederik Mordhorst

Anders lief es bei Monique El Marssi. Sie absolvierte schon ihre Ausbildung bei der Marketingagentur aktionspotenzial in Dortmund. Als dann die beiden Gründer und Geschäftsführer signalisierten, dass sie sich aus der Geschäftsführung zurückziehen und auch Anteile verkaufen möchten, war sie zu Stelle: „Es ist ganz wichtig, dass ihr euch zeigt und deutlich macht, dass ihr ambitioniert seid“, rät sie den Anwesenden. Monique El Marssi war bereit, verhandelte den Kaufpreis und ist heute alleinige Geschäftsführerin und besitzt zudem ein Drittel der Anteile des Unternehmens.

Was beide Unternehmensnachfolgerinnen gemeinsam haben? Sie sind beide äußerst glücklich, dass sie im entscheidenden Moment zugegriffen haben und sich heute als Unternehmerinnen verwirklichen können. Und auch den Inhaberinnen und Inhabern eines Unternehmens fällt – wie bei Jutta Hollek in Bottrop – meist ein Stein vom Herzen, wenn die Nachfolge geregelt ist.

Tipps, Inspiration und Motivation

Frauen auf der Suche nach einer geeigneten Selbständigkeit bekamen drei Tipps zur Nachfolge mit auf den Weg:

  1. Erstens: Sich zeigen und das eigene Interesse möglichst breit streuen.
  2. Zweitens: Börsen und Netzwerke nutzen, um ein Unternehmen zu finden.
  3. Drittens: Sprechen! Trauen Sie sich bei interessanten Unternehmen einfach mal anzufragen. Vielleicht sind Sie ja zur richtigen Zeit am richtigen Ort!

Veranstalter des Events war das Projekt „Die Nächste bitte!“ in Kooperation mit verschiedenen Industrie- und Handelskammern, der Handwerkskammer Münster sowie Sparkasse Gelsenkirchen. Auch für sie gab es wichtige Erkenntnisse in Sachen Nachfolge und Entrepreneurship für Frauen: Das Thema Unternehmensnachfolge und die klassischen Nachfolgebörsen sind noch lange nicht dort präsent, wo sich Gründungswillige tummeln. Die Option, über eine Nachfolge in die Selbständigkeit zu starten, haben noch viel zu wenige auf dem Schirm.

Dass es notwendig ist, Frauen gezielt anzusprechen, geben auch die Erhebungen der IHKs wieder, wonach nur 25 Prozent aller Nachfolgenden weiblich sind. Beim Event „Unternehmen such Frau“ auf Schloss Berge haben Frauen gezeigt, wie Nachfolge geht und noch mehr: Auch wie man spannende Events kreiert, die bei Frauen gut ankommen. Die Teilnehmerinnen waren jedenfalls begeistert und lobten das Format: „Es war eine tolle Inspiration. Ich habe heute viele Ideen und sehr viel Motivation erhalten!“