Heute verhandele ich ganz anders
Beim zweiten Mal wird alles einfacher
Zweimalige Unternehmensnachfolgerin: Friseurmeisterin Nina Grothaus aus Dortmund
Nina Grothaus (39) ist Chefin und hat bereits zwei Friseurbetriebe übernommen. Den ersten Salon vor zehn Jahren, als sie gerade ihren Meisterbrief in der Tasche hatte und jünger war als ihre Angestellten.
Geplant war die Existenzgründung damals noch nicht. Nach der Meisterschule wollte sie in den mütterlichen Betrieb einsteigen. Doch als das nicht funktionierte, musste schnell eine neue Lösung her. Heute sagt Nina Grothaus: „Es war genau richtig, dass das so passiert ist. Sonst hätte ich mich damals noch gar nicht getraut, mich selbständig zu machen.“
Best Practice Nachfolgerin
Unternehmen Nina Bartholomé, Dortmund
Nachfolgerin Nina Grothaus
Branche Friseursalon
Übernahme 2011 und 2021
Beschäftigte 4, plus 1 Auszubildender
Nach der Meisterausbildung hatte sie den Kopf voller Ideen und wollte ihr neues Wissen unbedingt anwenden. Da auch ihre Eltern selbständig waren, fiel der Entschluss nicht schwer. Nina Grothaus – damals hieß sie noch Nina Bartholomé – durchforstete die Nachfolgebörsen der Handwerkskammer. Parallel entwarf sie einen Businessplan, in dem sie Ziele und Wünsche formulierte.
Nach intensiver Suche fand sie einen Friseursalon, bei dem Größe und Lage passten. Ein erstes Gespräch mit der Inhaberin bestätigte ihren guten Eindruck. Um sicher zu gehen, besuchte sie den Salon dann inkognito als Kundin, ohne dass die Mitarbeiterinnen wussten, dass sie gerade ihre neue Chefin frisierten. Dabei schaute sie genau, wie der Laden läuft, achtete auf die Kenntnisse der Mitarbeiterinnen und verglich das mit ihren Zielen und Anforderungen. Was sie bei ihrer „Undercover- Recherche“ sah, gefiel ihr und auch beim Kaufpreis wurden sich Inhaberin und Nachfolgerin einig.
Frische Farben statt alter Rauch
Zu diesem Zeitpunkt war Nina Grothaus alleinerziehend, frisch getrennt, arbeitslos und ohne jedes Eigenkapital. Es gibt sicherlich bessere Konstellationen für eine Unternehmensnachfolge. Doch nach dem Motto „Du hast keine Chance, also nutze sie“ machte sie sich an die Arbeit.
„Wenn du nichts hast und du willst dann etwas von einer Bank, dann ist es natürlich erst mal ein Sprung ins kalte Wasser. Aber wenn du ein Konzept hast und dahinterstehst. Wenn du dir alle Fakten auflistet und weißt, dass du einen Betrieb übernimmst, der viele Jahre passable Zahlen geschrieben hat. Und du weißt, was du kannst. Was soll passieren? Dann hat man nicht wirklich viel Risiko.“
Der komplette Kaufpreis musste finanziert werden. Hinzu kam noch eine größere Summe für geplante Renovierungen. Mit Hilfe der Handwerkskammer hatte sie ihren Businessplan voller Zahlen und Daten für Löhne, laufende Kosten, Kaufpreis und Investitionen erstellt. Damit ging sie zur Bank, überzeugte und erhielt den Kredit.
Der Salon, den sie übernahm, war allerdings deutlich in die Jahre gekommen. Nicht nur die Aschenbecher an jedem Platz versprühten noch den Charme der Achtzigerjahre. Hier musste Nina Grothaus gründlich zu Werke gehen, um ihre Vorstellungen umzusetzen: „Ich habe bei der Übernahme viel Geld für Inventar bezahlt und habe dann am Ende alles rausgerissen und alles neu gekauft. Von der Wandfarbe bis zum Marketing habe ich versucht, einen neuen roten Faden zu ziehen.“
Neben dem Corporate Design wurde auch die komplette Palette vom Shampoo bis zum Tönungsmittel ausgetauscht, die Arbeitsabläufe optimiert und der Verkauf von Haarpflege-Produkten gestartet. Als das schwierigste Unterfangen erwies sich, dass Kundinnen ab sofort nur noch mit Termin bedient werden sollten. So viel Neues – das war nicht immer einfach durchzusetzen bei den alteingesessenen Mitarbeiterinnen, die zum Teil mehr als 20 Jahre in dem Betrieb gearbeitet hatten. Doch auch in diesem Punkt agierte Nina Grothaus umsichtig, hat sich mit jeder Mitarbeiterin getroffen, Einzelgespräche geführt, um sich auch die Wünsche und Ängste ihrer Beschäftigten anzuhören.
Wiederholungstäterin nach zehn Jahren
Inzwischen läuft das Geschäft dank zufriedener Kunden und einem eingespielten Team sehr erfolgreich. Als dann Anfang 2021, also zehn Jahre später, ihr erster Mietvertrag auslief, entschloss sich Nina Grothaus, umzuziehen und dazu einen neuen, größeren Salon zu übernehmen. Beim ersten Mal war sie mit nichts gestartet. Nun brauchte sie vor allem die größeren Räumlichkeiten. „Dass ich jetzt auch noch neue Kundschaft dazu gewonnen habe, war für mich das I-Tüpfelchen. Ob ich was dazu gelernt habe? Ja, ich kann definitiv besser verhandeln. Ich habe jetzt einen Bruchteil von dem bezahlt, was ich damals bezahlt habe.“
„Die Besitzer wollen gerne den Wert, den das Unternehmen für sie hat, verkaufen. Aber du kannst keine Kundschaft verkaufen. Und ich glaube, dass die Unternehmer oft eine viel zu hohe Preisvorstellung haben, die wirklich unrealistisch ist und erstmal abschreckt.“
Nina Grothaus ist ihren Zielen und ihrer Motivation kontinuierlich gefolgt. Viel Wert legte sie dabei auf ein angenehmes Umfeld. Für ihre Kundinnen, für ihre Mitarbeiterinnen und für sich selbst. Und so genießt sie, dass sie es geschafft hat, ihre eigene Chefin zu sein und dass sie mit all den Unwägbarkeiten des Unternehmerinnendaseins viel für ihr Leben gelernt hat und weiter dazulernt. Aktuell liegt ihr ein Projekt besonders am Herzen: seit kurzem beschäftigt sie erstmals einen Mann – jung und motiviert – als Auszubildenden und unterstützt ihn bei seinen ersten Schritten in einer Frauendomäne.